Mesela – Verein für den Nahen Osten
Thomas Loosli
Der Künstler Werner Neuhaus hat zusammen mit der Projektinitiatorin Özlem Yasar den Verein Mesela gegründet, der sich zum Ziel gesetzt hat, mittels Kunst einen Dialog mit Menschen in Rojava (Syrien) und in Shingal (Irak) zu schaffen.
Werner Neuhaus hat Hände, die verraten, dass er handwerklich arbeitet. Seit über 20 Jahren lebt er im Emmental als Bildhauer, Älpler und Landwirt. Ein Besuch in den kurdischen Gebieten von Syrien und Irak letztes Jahr hat bei Neuhaus Bewunderung für die Vitalität der Menschen in diesem Krisenherd ausgelöst. Das Kunstprojekt POTS hat er mit der in Langenthal lebenden Kurdin Özlem Yasar zusammen im Emmental lanciert. Während der Reise durch die kurdischen Gebiete im Winter 2018 entstand die Idee eines Gemeinschaftsprojekts für Kobane, der umkämpften kurdischen Stadt in Syrien nahe der türkischen Grenze, und für die Menschen eines Flüchtlingscamps in der Nähe von Shingal zu starten. Die Stadt Kobane ist symbolträchtig für den kurdischen Widerstandskampf. Nach langem, hartem Ringen konnte Kobane den Angriff des IS abwehren, welche die Stadt 2014 vorübergehend besetzt hatte. In einem nicht enden wollenden Häuserkampf konnte im Januar 2015 mithilfe der US-Luftmacht, der kurdischen Armee YPG und der Peschmerga aus dem kurdischen Irak ganz Kobane vom IS befreit werden. Es blieb eine zerstörte Stadt zurück.
Arbeit mit Ton und eine Gedenkstätte
Basis der Projekte ist die interkulturelle Zusammenarbeit. Neuhaus, der als Künstler mit Eichenholz arbeitet und eigenwillige Skulpturen erschafft, kam die Idee des Gestaltens von einfachen Tongefässen. Im Ruineareal von Kobane werden diese zu einer Gesamtskulptur zusammengefügt. «Mithilfe der gestalterischen, künstlerischen Arbeit können die Menschen auch ihrer eigenen Kulturgeschichte nachgehen und ihre kulturelle Identität stärken», meint er. Ein öffentliches Atelier ermöglicht es den Menschen vor Ort nach Belieben mitzugestalten. Ebenfalls geplant sind ein Theaterprojekt und die Errichtung eines Brennofens für Lehmbauern. «Alle Ideen sind von den Menschen vor Ort eingebracht und nicht von unserem Verein ausgedacht worden», sagt Neuhaus. Das wohl aufwändigste Projekt ist die Unterstützung des Aufbaus einer Gedenkstätte für die Opfer des gebeutelten Kobane. Die Gedenkstätte soll ein Ort der Lebendigkeit inmitten der Ruinen werden und von einer Mauer symbolisch geschützt sein. Die Mauer stellt einen Gegenentwurf zur bestehenden Mauer dar. Diese von den Türken erbaute Grenzvorrichtung soll das vor allem von Kurden besiedelte Rojava isolieren.
Frischkäse für die Selbstversorgung
Eine weitere vom Verein Mesela unterstützte Initiative ist der Aufbau einer Käserei in der Nähe von Shingal im Irak. Auch dieses Gebiet wurde vom IS verwüstet. Die meisten der damals dort lebenden Menschen waren Eziden (Jesiden), also Angehörige einer nicht-muslimischen Minderheit, die seit 2014 vom IS verfolgt und systematisch getötet wurde. Frauen und Kinder wurden verschleppt, versklavt und vergewaltigt. Noch heute fehlt jegliche Spur von Tausenden Eziden. Die Dörfer wurden zerstört, die meisten Eziden leben unterdessen in den Bergen in Flüchtlingscamps. Es ist ein immer noch vor sich gehender Genozid, von dem in den Medien kaum gesprochen wird. Die Stadt Shingal liegt noch heute in Trümmern. Hilfe scheint hier nicht anzukommen. In der Nähe des Flüchtlingscamps soll nun eine Käserei entstehen. Ziel des Käsereiprojekts ist die Herstellung von Joghurt und Frischkäse aus Schafsmilch. Dieses Vorhaben wurde von der örtlichen Landwirtschaftskooperative angestossen und wird vom Verein Mesela mit Know-how und Konzepthilfe unterstützt. Werner Neuhaus selbst hat 15 Jahre auf Alpen zugebracht und kennt sich in der Käseherstellung aus.
«Die Menschen in den kurdischen Gebieten sind sehr motiviert»
Trotz der immer noch bestehenden Gefahr einer türkischen Invasion sind die Menschen in den kurdischen Gebieten sehr initiativ und bemüht. Die Hoffnung aller besteht darin, dass die Kraft und die Arbeit der Menschen in dieser Region Früchte tragen wird.
Wichtige Exponenten des Projekts Mesela sind der Architekt Martin Sturm (der die Mauer um die Gedenkstätte mitkonzipiert), die Malerin, Journalistin und bekannte kurdische Dissidentin Zehra Dogan, der Theaterregisseur Samuel Schwarz und viele engagierte KünstlerInnen wie Serdar Mutlu, Bernhard Chiquet, Shirin Ali und Fiona Ruch. In der Galerie Hausrot in Köniz sind die Werke dieser KünstlerInnen zu sehen. Yasar und Neuhaus wollen die Lebendigkeit einer Region zeigen, die in der Presse vor allem durch Negativschlagzeilen wahrgenommen wird.
Galerie Hausrot, Köniz, Finissage So, 8.9., 14h-18h.
www.mesela.ch