Warum es dem Iltis stinkt
Auf der Suche nach seiner Beute streift der Iltis, das Tier des Jahres 2024, vor allem nachts durch die Landschaft. Dabei ist er auf den Schutz eines intakten natürlichen Lebensraums angewiesen. Im Bezirk Affoltern am Albis sichtet man den scheuen Zeitgenossen wie anderswo nur mit viel Glück.
Mit einem Gewicht von kaum mehr als 1500 Gramm und einer maximalen Länge von 45 Zentimetern ist der Iltis (Mustela putorius) ein vergleichsweise kleiner Vertreter seiner Art. Zudem zeichnet sich dieses Mitglied der Marderfamilie durch ausgezeichnete Schwimmfähigkeiten aus. In der Roten Liste der Säugetiere der Schweiz wird er als «verletzlich» eingestuft. Die Naturschutzorganisation Pro Natura hat den Iltis zum Tier des Jahres 2024 ernannt, um für vernetzte Kulturlandschaften zu werben, die Wildtieren Lebensraum bieten.
Scheuer Zeitgenosse
Iltisse sind nacht- und dämmerungsaktiv. Ihr ausgeprägter Geruchs- und Gehörsinn macht sie zu effizienten Jägern, während ihre Scheuheit es äusserst schwierig macht, sie in der freien Wildbahn zu erspähen. «Ich habe in meiner 30-jährigen Berufstätigkeit lediglich 4 bis 5 Iltisse gesehen», bestätigt Paul Erni, Obmann der Jagdgesellschaft Affoltern am Albis. «Gleichwohl dürften sich die scheuen Säugetiere im Bezirk Affoltern am Albis wohl fühlen, da es an manchen Orten noch intakte oder angemessen revitalisierte Feuchtgebiete gibt.» Der Iltis ist nahezu in ganz Europa heimisch und kommt in der Schweiz bis in Höhen von 1600 Metern vor. Im Tessin und im südlichen Wallis ist er verschwunden.
Der Iltis hält sich gerne bedeckt, indem er Waldrandzonen, Böschungen und Hecken entlang von Bächen und Feuchtgebieten als Lebensraum bevorzugt. Das kleine Säugetier lebt ausserhalb der Paarungszeit, die zwischen Mai und Juni stattfindet, allein und diskret im Schutz der Deckung und des Verstecks. Seine Streifgebiete sind zwischen einem halben und mehreren Quadratkilometern gross – je nach Nahrungsangebot. Seltener trifft man ihn in Siedlungs- und Landwirtschaftszonen an, wo er lediglich überlebt, wenn er auf den Schutz von Kleinstrukturen wie Hecken, Äste oder Gräben zurückgreifen kann.
Froschschenkel bevorzugt
Gemäss Pro Natura zählen strukturreiche Agrarlandschaften und Feuchtgebiete zu den am stärksten bedrohten Landschaften hierzulande. Damit schwindet der Lebensraum der kleinen Raubtiere und auch ihrer bevorzugten Beutetiere, der Frösche und Kröten. Während diese im Frühling zu ihren Laichgewässern wandern, greift der kleine Räuber zu. «Bisweilen frisst er ob des schieren Überflusses wie ein Feinschmecker lediglich die Schenkel und legt mit dem Rest Vorräte in einem Versteck an», ergänzt Paul Erni. Aber auch andere Kleintiere wie Mäuse und Amphibien verschmäht der Iltis nicht.
Bevor der erste Schnee fällt, legt sich der kleine Jäger rund ein Drittel seines Körpergewichts als Fettreserve an. Gelegentlich zieht er sich während der kalten Jahreszeit in die Nähe menschlicher Siedlungen zurück, um in Scheunen oder Ställen zu überwintern. «Ich habe allerdings noch nie von einem solchen Wintergast im Bezirk gehört», ergänzt Paul Erni. Iltisse halten zwar keinen Winterschlaf, sind während der kalten Jahreszeit jedoch weniger aktiv. Da ihr Fell dünn ist, sind sie vor allem in höheren Lagen im Winter auf einen schützenden Unterschlupf angewiesen. In freier Natur können sie bis zu acht Jahre alt werden. Allerdings überleben zwischen 70 und 90 Prozent der Tiere ihr erstes Lebensjahr nicht, da sie den Winter nicht überstehen.
Berüchtigter «Stinkmarder»
Wenn Gefahr von potenziellen Feinden wie Hunden, Füchsen oder Raubvögeln droht, versprüht das kleine Säugetier ein übelriechendes Sekret aus seinen Analdrüsen. «Stinken wie ein Iltis» ist ein bekannter Spruch. Ausserdem markiert er gewohnheitsmässig mit dem intensiv riechenden Analdrüsensekret seine Streifgebiete. «Iltisse unterscheiden sich von einem Marder durch die helle Gesichtsmaske um die Nase und die hellen Ohrränder», erklärt Paul Erni. Das Körperfell ist braun-schwarz, die Unterwolle hell.
«Will man den Lebensraum dieser Kleinsäuger erhalten, ist es wichtig, intakte Feuchtgebiete und vernetzte Kulturlandschaften mit Kleinstrukturen zu fördern», betont Paul Erni. Mit der Wahl des Iltisses zum Tier des Jahres will Pro Natura für einen besseren Schutz und die Wiederbelebung solcher Landschaften werben. Davon können laut der Naturschutzorganisation auch andere Tierarten wie Frösche, Kröten und Kleintiere profitieren.